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Digitale Pflegedokumentation – Häufige Fehler und Irrtümer

Digitale Pflegedokumentation - Häufige Fehler und Irrtümer

Pflege findet nicht nur bei den Patient(inn)en statt, sie ist auch ein immer größer werdender bürokratischer Aufwand, denn von der Pflegeplanung bis zur abschließenden Dokumentation muss alles festgehalten werden. Pflegekräfte sind rechtlich sogar zu einer klaren und zeitnahen Pflegedokumentation verpflichtet. Im Falle eines Rechtsstreits, z.B. über die richtige Durchführung pflegerischer Tätigkeiten, gilt die Pflegedokumentation als rechtlich verbindliche Urkunde. Dies kann vor allem bei anfänglichen Unsicherheiten im Job durchaus beängstigend wirken.

Die Pflegedokumentation ist aber nicht nur ein rechtlich bindendes Dokument, sie ist im Pflegealltag vor allem ein nützliches Hilfsmittel für Transparenz und Zusammenarbeit im Pflegeteam. Nach einem Schichtwechsel kann die neue Pflegekraft direkt erkennen, welche Maßnahmen bereits durchgeführt wurden. So kann vermieden werden, dass Tätigkeiten doppelt ausgeführt oder vergessen werden. Außerdem ist die Dokumentation wichtig, um pflegerische Maßnahmen langfristig zu evaluieren und anzupassen.

Mittlerweile findet die Pflegedokumentation in fast allen Häusern digital statt. Die computergestützte Dokumentation hat dabei so manche Vorteile, z.B. durch vorgefertigte Phrasen und Pläne und durch bessere Lesbarkeit, allerdings entstehen durch die Technik auch neue Probleme. Welche möglichen Fehler treten bei einer digitalen Pflegedokumentation auf und wie kann man sie vermeiden?

 

1. Vorgefertigte Pläne blind übernehmen

Manche Pflegeschritte wiederholen sich bei verschiedenen Patient(inn)en beinahe identisch. Vorgefertigte Pflegepläne können da eine zeitliche Erleichterung für das Pflegepersonal sein. Wichtig ist es allerdings, sich nicht ausschließlich auf diese technisch generierten Pläne zu verlassen, sondern jeden Pflegeplan individuell an die Patient(inn)en anzupassen. Jeder Mensch ist ein eigenständiges Individuum und so ist auch die individuelle Einschätzung der Pflegekraft wichtig für die Qualität der Pflegemaßnahmen. Die Digitalisierung kann bei der Pflegeplanung nicht die langjährige Erfahrung und Intuition qualifizierter Pflegekräfte ersetzen.

 

2. Doppelte Dokumentation

Manchmal kommt es z.B. durch ein Unverständnis der Systeme zu einer doppelten Dokumentation, welche nicht notwendig wäre. Manche Tätigkeiten können im System z.B. einfach abgehakt werden und müssen dann nur bei besonderen Vorkommnissen nochmals extra dokumentiert werden.

Auch wenn die Pflegekraft bei den Patient(inn)en handschriftlich dokumentiert, um später am PC alles richtig wiederzugeben, kommt es zu einer Doppeldokumentation, die zusätzliche Zeit kostet. Hilfreich können hier mobile Systeme am Tablet oder Smartphone sein, welche eine Eingabe direkt im Patientenzimmer ermöglichen.

 

3. Praktische Umsetzung der zeitnahen Pflegedokumentation

Während man zwar theoretisch auch bei einer papierbasierten Dokumentation keine nachträglichen Ergänzungen vornehmen durfte, ohne diese separat auszuzeichnen, so war es doch oft gang und gäbe bei Stress die Dokumentation auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben und die Uhrzeiten und Daten dann in der Dokumentation aus dem Gedächtnis anzugeben. Papier ist geduldig, aber ein digitales System verzeiht nichts. Die eintragende Person und die Uhrzeit können automatisch bestimmt werden.

Je mehr Zeit vergeht, desto fehleranfälliger ist eine verspätete Dokumentation. Wenn nur wenige Endgeräte zur Verfügung stehen, dann kann die digitale Dokumentation zu neuen Herausforderungen führen, wenn mehrere Teammitglieder die Dokumentation zum gleichen Zeitpunkt vornehmen möchten. Hierbei kann unnötig Zeit verschwendet werden und ein zusätzlicher Stressfaktor aufkommen.

 

4. Unklare, mehrdeutige oder subjektive Angaben

Es ist wichtig, sachlich und eindeutig zu dokumentieren, damit alle sich auskennen. Vorgefertigte Textbausteine in den Programmen können dabei helfen, einheitlich und sachlich zu bleiben. Von Aussagen wie “Der Patient hat sich wundgelegen.” oder “Der Patient wurde beleidigend.” sollte abgesehen werden. Konkrete Beobachtungen sollten dokumentiert werden. Entsteht z.B. eine neue Wunde, dann sollte die genaue Position, Größe und Eigenarten aufgezeichnet werden. Wird eine Patient oder eine Patientin ausfällig, dann sollten die genauen Vorfälle wiedergegeben werden. Wichtig ist, dass die Situation auch später von anderen unmissverständlich erfasst werden kann.

 

5. Tätigkeiten für andere abhaken

Dokumentiert sollten immer nur Tätigkeiten werden, die man auch wirklich selbst erledigt hat. Schnell am Ende der Schicht alles abhaken, auch die Tätigkeiten der Kolleg(inn)en, könnte rechtliche Folgen haben. Wenn eine Tätigkeit abgehakt wird, vielleicht aber doch nicht durchgeführt wurde, dann kann die verantwortliche Pflegekraft später zur Rechenschaft gezogen werden. Auch wenn man nur nett sein möchte und den Kolleg(inn)en helfen will, sollte man dies also sein lassen.

 

6. Technische Fehler

Jedes EDV-System kann einmal ausfallen oder Fehlfunktionen aufweisen. Was passiert, wenn das System nicht zugänglich ist, weil z.B. das WLAN ausgefallen ist oder ein Programmfehler auftritt? Für diesen Fall sollte es fixe Pläne geben, wie die Dokumentation dann gemacht werden soll.

 

Jedes digitale System ist nur dann hilfreich, wenn die Anwender/innen damit gut umgehen können. Zusätzliche digitale Kompetenzen sollten den Mitarbeiter(inne)n in Schulungen nähergebracht werden. Von Zeit zu Zeit kann die Effektivität der Programme evaluiert und Mitarbeiter/innen darauf aufmerksam gemacht werden, bestimmte Funktionen auch wirklich zu nutzen. Bei einer fachgerechten Nutzung überwiegen die Vorteile der digitalen Dokumentation, auch wenn sie in den meisten Fällen nicht zu einer Zeitersparnis führen.

 

Quellen: 

Gesundheit Österreich GmbH: Arbeitshilfe Pflegedokumentation, Wien, 2017, URL: https://jasmin.goeg.at/id/eprint/47/1/Arbeitshilfe%20Pflegedokumentation%202017.pdf

Kiszter, David: Pflegedokumentation – Qualitätsbeurteilung von Pflegedokumentationen im Vergleich zwischen handschriftlicher und elektronischer Dokumentation in der Steiermärkischen KAGes, Masterarbeit, Medizinische Universität Graz, Graz, 2011, URL: https://online.medunigraz.at/mug_online/wbAbs.getDocument?pThesisNr=23402&pAutorNr=&pOrgNr=1

Muckenhuber, Johanna: Endbericht zum Projekt Neue Herausforderungen in der Pflege? Zur Bedeutung der Digitalisierung im Pflegebereich, AMS und Universität Graz, URL: https://www.ams-forschungsnetzwerk.at/downloadpub/201901%20Muckenhuber%20-%20Digitalisierung%20im%20Pflegebereich%20-%20Endbericht.pdf

Eisenberg, Michelle: Pflegedokumentation: 7 häufige Fehler, die Sie vermeiden sollten, Draco, 2023, URL: https://www.draco.de/pflegedokumentation-7-haeufige-fehler/