Eine ausgewogene und bedarfsgerechte Ernährung ist in jeder Lebensphase ein zentraler Baustein für Gesundheit und Wohlbefinden. Für pflegebedürftige Menschen im fortgeschrittenen Alter gewinnt sie jedoch eine noch größere Bedeutung. Körperliche Veränderungen, Krankheiten und veränderte Lebensumstände stellen besondere Herausforderungen an die tägliche Nahrungsaufnahme. Eine individuell angepasste Ernährung kann maßgeblich zur Lebensqualität beitragen und gesundheitlichen Problemen vorbeugen.
Der veränderte Bedarf im Alter: Weniger Kalorien, mehr Nährstoffe
Mit zunehmendem Alter verändert sich der menschliche Körper. Der Stoffwechsel wird langsamer, die Muskelmasse nimmt ab und der Fettanteil im Körper steigt. Das hat zur Folge, dass der Energiebedarf sinkt. Pflegebedürftige Menschen, die sich oft weniger bewegen, benötigen daher in der Regel weniger Kalorien. Gleichzeitig bleibt der Bedarf an lebenswichtigen Nährstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen gleich oder kann sogar ansteigen. Daher ist eine hohe Nährstoffdichte bei der Lebensmittelauswahl entscheidend.
Besonders wichtige Nährstoffe für ältere und pflegebedürftige Menschen sind:
- Eiweiß: Unentbehrlich für den Erhalt der Muskulatur, die Wundheilung und ein funktionierendes Immunsystem. Gute Quellen sind mageres Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier und Hülsenfrüchte.
- Vitamin D und Kalzium: Eine unzureichende Versorgung kann das Risiko für Knochenbrüche erhöhen. Vitamin D wird durch Sonneneinstrahlung auf der Haut gebildet, was bei immobilen Personen oft nicht ausreicht.
- Vitamin B12: Wichtig für das Nervensystem und die Blutbildung. Vitamin B12 findet sich vor allem in Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten. Ein Mangel kann zu neurologischen Störungen führen.
- Ballaststoffe: Sie fördern die Verdauung und können Verstopfung vorbeugen, ein häufiges Problem bei älteren Menschen. Vollkornprodukte, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte sind reich an Ballaststoffen.
Häufige Ernährungsprobleme und ihre Ursachen
Im Pflegealltag begegnen uns verschiedene Herausforderungen, die eine ausreichende und ausgewogene Ernährung erschweren.
Mangelernährung: Sie ist ein weit verbreitetes Problem bei pflegebedürftigen Senior(inn)en und kann schwerwiegende Folgen haben, wie eine erhöhte Infektanfälligkeit, Stürze, eine schlechte Wundheilung und eine Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit. Eine Mangelernährung kann quantitativ sein, also eine zu geringe Kalorienaufnahme, oder qualitativ, wobei ein Mangel an spezifischen Nährstoffen besteht. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Appetitlosigkeit über chronische Krankheiten bis hin zu psychischen Belastungen wie Einsamkeit.
Dehydration: Mit dem Alter lässt das Durstgefühl nach, was leicht zu einer unzureichenden Flüssigkeitsaufnahme führen kann. Die Folgen einer Dehydration sind unter anderem Verwirrtheit, Schwindel, trockene Schleimhäute und ein erhöhtes Risiko für Harnwegsinfektionen. Auch schwerwiegende Erkrankungen wie Schlaganfälle und Herzinfarkte werden durch Dehydration begünstigt.
Kau- und Schluckstörungen: Probleme mit den Zähnen, schlecht sitzende Prothesen, Lähmungen oder Demenz können das Kauen und Schlucken erschweren. Dies kann nicht nur die Nahrungsaufnahme schmerzhaft und mühsam machen, sondern birgt auch die Gefahr des Verschluckens (Aspiration).
Veränderungen des Geschmacks- und Geruchssinns: Im Alter nimmt die Anzahl der Geschmacksknospen ab, was dazu führen kann, dass Speisen als fade empfunden werden. Dies kann den Appetit zusätzlich mindern oder dazu führen, dass Speisen übermäßig gesalzen oder nachgewürzt werden. Auch Medikamente können den Geschmackssinn verändern und dazu führen, dass bekannte Speisen nicht mehr schmecken.
Praktische Tipps für den Pflegealltag
Eine bedarfsgerechte Ernährung im Alter erfordert Geduld, Einfühlungsvermögen und Kreativität. Hier sind einige bewährte Tipps für Pflegekräfte und pflegende Angehörige:
-
- Regelmäßige und kleinere Mahlzeiten: Statt drei großer Mahlzeiten sind oft fünf bis sechs kleinere, über den Tag verteilte Portionen besser verträglich und sichern eine kontinuierliche Nährstoffzufuhr.
- Ausreichend Trinken fördern: Stellen Sie Getränke immer in Reichweite und bieten Sie diese aktiv an. Abwechslung durch Tees, verdünnte Säfte oder aromatisches Wasser kann die Trinkfreude steigern. Ein Trinkplan kann helfen, die empfohlene Menge von etwa 1,5 Litern pro Tag zu erreichen.
- Speisen ansprechend gestalten: Das Auge isst mit. Farbenfrohe und appetitlich angerichtete Mahlzeiten können den Appetit anregen. Pürierte Kost kann durch die Verwendung von Förmchen wieder in eine ansehnliche Form gebracht werden.
- Richtig würzen: Verwenden Sie Kräuter wie Petersilie oder Minze, um das Geschmackserlebnis zu intensivieren und einen übermäßigen Salzkonsum zu vermeiden.
- Bei Kau- und Schluckbeschwerden die Konsistenz anpassen: Weiche, pürierte oder passierte Kost kann die Nahrungsaufnahme erleichtern. Speisen können mit Fetten angereichert werden, um den Kaloriengehalt zu erhöhen. Bei geringer Nahrungsaufnahme kann auch kalorienreiche Trinknahrung helfen. Wichtig ist, auf krümelige oder faserige Lebensmittel zu verzichten.
- Die individuellen Vorlieben berücksichtigen: Bewahren Sie die Würde der Pflegebedürftigen und respektieren Sie Ihre Wünsche. Grundsätzlich dürfen pflegebedürftige Menschen essen, was ihnen schmeckt, sofern keine ärztliche Diät dagegen spricht. Das Lieblingsessen kann die Freude am Essen zurückbringen.
- Gemeinsame Mahlzeiten: In Gesellschaft schmeckt es oft besser. Gemeinsame Mahlzeiten schaffen eine angenehme Atmosphäre und fördern das soziale Wohlbefinden.
- Geduld und Unterstützung beim Anreichen der Nahrung: Nehmen Sie sich Zeit, damit kein Druck entsteht, wenn es der pflegebedürftigen Person schwer fällt, zu essen. Sprechen Sie nicht vom „Füttern“, sondern vom „Essen anreichen“.
- Geschirr und Besteck: Nutzen Sie einfärbiges Geschirr mit erhöhtem Rand, das sich von der Farbe des Tisches unterscheidet. So können Senior(inn)en mit wenig verbleibender Sehkraft es besser wahrnehmen. Thermogeschirr kann helfen, das Essen länger warm zu halten. Spezielles Besteck, z.B. mit dickerem geriffeltem Griff oder Biegung hilft, die Selbstständigkeit beim Essen länger zu erhalten.
Eine gute Ernährung ist eine der wichtigsten Säulen der Pflege. Sie trägt entscheidend dazu bei, die Gesundheit und das Wohlbefinden pflegebedürftiger Menschen zu erhalten und zu fördern. Mit Fachwissen, Engagement und Empathie können Pflegekräfte einen wertvollen Beitrag zur Lebensqualität im Alter leisten.